Was ist dynamische Geometrie


Die Schulgeometrie war über Jahrhunderte, letztlich über zwei Jahrtausende hinweg Übungsfeld formaler Beweise und starrer Konstruktionen. Dies hat letztlich mit zum Niedergang des Geometrie-Unterrichts beigetragen. Dies konnte auch die Abbildungsgeometrie des vergangenen Jahrhunderts nicht abwenden, die ja entgegen ihrem anschaulichen Namen letztendlich axiomatisch und formal ausgerichtet war (wenn man ihren eigenen Anspruch ernst nahm).

Kritik an der in vielfacher Hinsicht - sowohl beim Beweisverfahren als auch bei den Konstruktionen - starren euklidischen Geometrie hat es schon lange gegeben. Erste Ansätze gab es schon bei Clairaut in den Elemens de géométrie 1741.
Im vergangenen Jahrhundert waren es die Didaktiker T
reutlein in Der geometrische Anschauungsunterricht (1911), Kusserow in Los von Euklid! (1928) und Lietzmann in Experimentelle Geometrie (1959). Bender plädierte vehement für Anschauliches Beweisen im Geometrieunterricht - unter besonderer Berücksichtigung von (stetigen) Bewegungen bzw. Verformungen (1989 in Kautschitsch/Metzler: Anschauliches Beweisen).
Von B
otsch gab es sogar ein eigenes Schulbuch Bewegungsgeometrie (1956) im Rahmen der Schulbuchreihe Reinhardt-Zeisberg.

M. Clairaut: Élémens de Géométrie    W. Kusserow (1928): Los von Euklid!     
O. Botsch (1956): Bewegungsgeometrie. Reinhardt-Zeisberg      W. Lietzmann (1959): Experimentelle Geometrie

Sie alle wandten sich gegen die Starrheit der euklidischen Methode, bei Lietzmann taucht sogar (in etwas anderem Sinne als heute) explizit Dynamische Geometrie als Begriff auf  (meines Wissens erstmalig). Gelegentlich wird auch von beweglicher Geometrie gesprochen.
So wie man einerseits feststellen kann, dass Dynamik, Bewegungs- und Verformungsargumente, Gelenkmechanismen und Gummifädengeometrie schon lange ein Thema waren, so ist andererseits auch festzuhalten, dass dies den Schulunterricht nicht wesentlich beeinflusst hat. Dies lag sicher daran, dass die im Geiste vorgestellte Bewegung anspruchsvoll und die an beweglichen Modellen vorgeführte Bewegung aufwändig und anfällig war. Aber auch daran, dass die Unterrichtsroutine, das methodische Unterrichtsskript dadurch nicht verändert wurde. Auch Unterrichtsfilme änderten in den siebziger Jahren daran nichts Entscheidendes, sie waren ebenfalls aufwändig herzustellen und einzusetzen und beließen die Schüler zudem in einer passivern Zuschauerrolle.
   


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